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14.10.2014 Kategorie: Pressemitteilungen Ulm

Altersvorsorgeprodukte müssen sich ändern


Walter Riester, Bundesminister a.D.

Dr. Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Lebensversicherung a.G

Prof. Dr. Jochen Ruß, Geschäftsführer des Ulmer ifa Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften

Tag der Versicherungswirtschaft in Ulm (v.l.n.r.): Dr. Guido Bader (Stuttgarter Lebensversicherung a.G.), apl. Prof. Dr. Jochen Ruß (ifa – Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften), Willi Schilpp (VGA), Bernhard Rudolph (Versicherungsmagazin), Ralf Börsig (IHK Ulm), Walter Riester (Bundesminister a.D.), Oliver Freiwald (BVK), Dieter Bonaita (BWV Württemberg)

Zum neunten Mal fand der Tag der Versicherungswirtschaft in Ulm statt. Gastgeber waren der Bundesverband der Assekuranzführungskräfte (VGA), der Bundesverband der Versicherungskaufleute (BVK), das Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft Württemberg und die Industrie- und Handelskammer Ulm. Kernthema war der Wandel in der Altersversorgung und den zugehörigen Produkten. Hierfür konnten hochgradige Referenten gewonnen werden.

Riester verteidigt seine Rente
Walter Riester, Bundesminister a.D., verdeutlichte zunächst die Veränderungen zwischen den Generationen. So wollten aktuelle Pensionäre selbst verantwortet und inanziell unabhängig sein und sich nicht mehr auf die Hilfe der Kinder verlassen müssen. Demnach sei heute ein höheres Versorgungsniveau im Alter erforderlich als noch vor 2 Generationen. Hinzu käme, dass sich die Rentenbezugsdauer in den letzten 60 Jahren etwa verdoppelt hat, auf nunmehr fast 20 Jahre. Die hieraus resultierende Schieflage des Umlageverfahrens in der gesetzlichen Rentenversicherung würde aktuell nur deshalb nicht offenbar, weil der Bund jährlich fast 1/3 des Budgets aus Steuergeldern hinzuschießt.

Dies sei der Hauptgrund für die Einführung der Riesterrente gewesen. Die damaligen Kernziele bei der Einführung des Produktes: maximale Sicherheit, ein Sparanreiz für Jeden und Förderung auch bei Kleinsteinkommen seien allesamt auch erfüllt. So könne er nicht verstehen, warum die Riesterrente vom Verbraucherschutz regelmäßig schlecht dargestellt würde. Das oft angeführte Kostenargument führe ins Leere, denn tatsächlich lägen viele geförderte Produkte in der Kostenbelastung unterhalb der der gesetzlichen Rentenversicherung, wo alljährlich etwa 1,5% der Beiträge für Verwaltungsaufgaben ausgegeben werden. Besonders merkte Riester an, dass das geförderte Produkt regelmäßig keine höhere Kostenbelastung ausweisen würde, als das nicht geförderte Pendant.

Vermittler müssen sich auf neue Vergütungsmodelle einstellen
Über Kosten in den Versicherungsprodukten sprach auch Dr. Guido Bader, Vorstand der Stuttgarter Lebensversicherung a.G. Er zeigte sich positiv gegenüber dem künftigen Ausweis der Gesamtkostenquote. Bei langen Laufzeiten läge diese bei Lebensversicherungen unterhalb 1% und sei damit günstiger als viele Fondsprodukte. Zudem sei hiermit eine vergleichbare Kennzahl geschaffen. Bader stellte die Ziele des Gesetzgebers bei der Einführung des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) heraus. Diese seien in erster Linie bessere Rückkaufswerte für die Verbraucher, geringere Abschlussprovisionen, mehr Transparenz in den Produkten und mehr Sicherheit für die Erfüllbarkeit der Leistungen.

Für den Vertrieb ergäben sich hierdurch zwangsweise Änderungen. So sei zu erwarten, dass in der Lebensversicherung künftig weniger vordiskontierte Abschlussprovisionen und dafür eine höhere laufende Vergütung gezahlt wird. Das Kernproblem hierbei sei die Überbrückung der zeitlichen Verschiebung des Verdienstes. Eine Vorfinanzierung berge für Versicherer zum einen die Gefahr von Missbrauch, zum anderen würden hierdurch Kosten entstehen die das Eigenvermögen des Unternehmens belasten. Ein weiteres Absinken der Vermittlerzahlen sei durchaus zu erwarten.

Dennoch, so Bader, sei die Bedeutung der privaten Altersversorgung in Form von Rentenversicherungen größer denn je. Denn zum einen sinke das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung in den nächsten 15 Jahren unter 45% des Nettoeinkommens, zum anderen unterschätzten viele das Risiko der Langlebigkeit. So würden etwa 30% der Menschen ihre mittlere Lebenserwartung um mindestens 5 Jahre überleben.

Neue Produkte für die Verrentungsphase gefordert
Ähnliche Argumente brachte apl. Prof. Dr. Jochen Ruß, Geschäftsführer des Ulmer ifa Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften. Eine Rentenversicherung sei eine Versicherung gegen das Risiko länger zu leben als das Geld reicht. Insbesondere Grundbedürfnisse müssten durch lebenslange Renten abgesichert werden, so Ruß weiter. Die Lebenserwartung Neugeborener steige jeden Tag um 6 Stunden an, vor diesem Hintergrund wäre es eigentlich sinnvoll Geld in lebenslange Rentenversicherungen zu stecken, dennoch würden es die meisten Menschen nicht tun.

Ursächlich hierfür, so Ruß, sei unter anderem das fehlende Interesse der Menschen an finanziellen Zusammenhängen. Niemand erkenne das Risiko des Alterns für sich. Zudem würde der Blick stets zu sehr auf die Rendite eines Produktes gelenkt. Dies jedoch sei völlig falsch. Ursächlich dafür seien aber auch die Versicherer, die zum einen jahrelang mit Renditen geworben haben, und zum anderen für die Verrentungsphase viel zu unflexible Produkte bieten. Davor schreckten viele Kunden zurück.

Die Lösung sei eine Versicherung, die wie ein Entnahmeplan aus einem Bank- oder Fondsprodukt funktioniert, jedoch im Falle der Langlebigkeit eine lebenslange Rente gewährt. Hierfür könne eine transparente laufende Garantiegebühr in Rechnung gestellt werden.

Autor:
Stefan Kuhnert
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